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Globale Perspektiven der Kirche 

03.07.2024

Der katholische Theologe Jean-Olivier Nke Ongono befasst sich seit 2023 an der LMU mit internationalen Herausforderungen und Chancen der Kirchenleitung.

Professor Jean-Olivier Nke Ongono hat sich auf kanonisches Recht und Kirchenadministration spezialisiert. Seit vergangenem Frühjahr forscht und lehrt er an der LMU. Seine Professur, die „in der katholischen Theologie einzigartig ist“, so der gebürtige Kameruner, trägt die Bezeichnung Global Church Leadership. Dabei geht es um Fragen einer zeitgemäßen Kirchenleitung im internationalen Kontext.

Ausgangspunkt seiner Arbeit ist die Erkenntnis, dass sich die Welt stark verändert hat und dass auch die katholische Kirche diesen Entwicklungen und neuen Herausforderungen Rechnung tragen muss. „Natürlich bleiben die Prinzipien des kanonischen Rechts als Basis der katholischen Kirche erhalten“, sagt der Professor. „Allerdings muss ihre Anwendung und Präsentation entsprechend den verschiedenen Anforderungen angepasst werden.“

Global Church Leadership bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem, die Besonderheiten, kulturellen und sozialen Voraussetzungen des katholischen Lebens in verschiedenen Weltregionen zu analysieren und daraus Schlüsse zu ziehen, die als Vorschläge in die Kirchenpolitik Eingang finden sollen.

Professor Nke-Ongone steht im Treppenhaus und blickt in die Kamera. Er trägt ein modisches Jacket und ein weißes Hemd.

Professor für Globale Kirchenleitung: Jean-Olivier Nke Ongono.

© LMU/LC Productions

Akademie für Globale Kirchenleitung

Noch steht Nke Ongono ziemlich am Anfang, sein Arbeitsgebiet mit Leben zu füllen. „Als ich nach München kam, war die Professur etabliert, aber in Bezug auf die inhaltlichen Aspekte noch nicht ausgearbeitet. Das ist eine gute Herausforderung und ich freue mich, sie anzugehen.“

Vor allem ist das Arbeitsgebiet von Nke Ongono nicht nur sehr international, sondern auch interdisziplinär, und die Forschung sehr faktenbasiert. Es geht um Themen wie die Frage der Kirchenfinanzierung in unterschiedlichen Ländern und kulturellen Kontexten.

Zu diesem Schwerpunkt fand bereits im Mai die erste „Akademie für Globale Kirchenleitung“ mit 57 Teilnehmenden aus Europa, Afrika, Amerika und Asien hybrid statt. „Es war eine sehr erfolgreiche erste Veranstaltung und ich war sehr beeindruckt“, freut sich Jean Olivier Nke Ongono. Dieses Format soll jährlich wiederholt werden und verschiedene Aspekte zum Thema Kirchenleitung adressieren: Expertinnen und Experten aus verschiedenen Ländern berichten hierbei über die Herausforderungen und Probleme, denen sie sich gegenübersehen. Sie sollen diskutieren und gemeinsame Lösungen entwickeln.

Es bedarf dabei nicht nur der Expertise von Klerikern oder Theologen, sondern auch wirtschaftswissenschaftlicher, sozialwissenschaftlicher oder kultureller Kenntnisse. „Wir brauchen auch Fachleute aus der Praxis, etwa Laien“, sagt Jean-Olivier Nke Ongono und erwähnt damit ein weiteres wichtiges Thema, das in seiner Forschung eine Rolle spielen wird – die Laienkirche.

„Viele Menschen haben eine Vorstellung von der katholischen Kirche als einer ausgeprägt pyramidenartig strukturierten Hierarchie. Das ist aber keineswegs so, denn alle ihre Mitglieder, Laien wie Kleriker, sind getauft, damit gleichgestellt und haben insofern ein Mitspracherecht“, erklärt der Kirchenrechtler. „Dennoch gibt es natürlich unterschiedliche Aufgaben für die Kleriker, wie Bischöfe, Priester oder Diakone, und die Laien.“ Das bringe manchmal Probleme mit sich und führe zu Ungleichheit in verschiedenen Situationen. Auch die kulturellen Hintergründe in den verschiedenen Weltregionen können hier Schwierigkeiten verursachen – etwa in der afrikanischen Gesellschaft, in der häufig eine Einzelperson ausgeprägte Rechte über andere hat. „Wir wollen diese Verhältnisse untersuchen und Lösungen entwickeln, wie kulturell hierarchische Konstellationen in Einklang mit dem Kirchenrecht zu bringen sind.“

Reicher Erfahrungsschatz

Professor Jean-Olivier Nke Ongono kann hierbei auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen, schließlich hat er Einblick in verschiedene kulturelle Räume, in denen die katholische Kirche eine wichtige Rolle spielt. Er studierte in Kamerun Philosophie und Theologie sowie kanonisches Recht. Zudem absolvierte er Studien in Computerwissenschaft und Archivkunde. 2021 wurde er an der Pontificia Università Urbaniana in Rom im Fach Kanonisches Recht mit der Arbeit La relevance des besoins matériels dans la vie et le ministère des prêtres diocésains. Le contexte de l’Église au Cameroun promoviert. Zudem erwarb er dort einen Magisterabschluss im Bereich Ehe- und Kirchenrecht.
Danach ging er für drei Semester in sein Heimatland zurück, um im Bereich Ehe- und Kirchenrecht zu unterrichten.

Die Aufforderung, sich an der LMU um die ausgeschriebene Professur zu bewerben, erhielt er an seiner Alma Mater in Rom. Ziel ist es, diesen Lehrbereich für eine Kooperation von Universitäten weltweit zu öffnen. Schon in den kommenden Monaten sollen viele Vereinbarungen verabschiedet werden. „Wir sind überzeugt, dass es einen großen Kooperationsbedarf aus unterschiedlichen Kontexten gibt, um konkrete und effiziente Antworten der Kirchen auf die Veränderungen zu geben.“

„Ich bin sehr herzlich in München aufgenommen worden“, freut er sich. Unterstützung erhält er von den Forschenden seiner eigenen Fakultät und ist auch in einem tiefen Dialog mit den Kolleginnen und Kollegen der Ausbildungseinrichtung Orthodoxe Theologie und der Evangelisch-Theologischen Fakultät, mit denen er auch gemeinsame Forschungsgebiete bearbeitet.

Neben der jährlichen Akademie für Globale Kirchenleitung, die im hybriden Format gleichermaßen Experten aus der Kirchenleitung, Studierende und Nachwuchsforschende adressiert, soll es zudem ein jährliches Symposium geben, vor allem mit dem Ziel, Forschungskooperationen zu identifizieren und sich auszutauschen. Abgerundet werden diese Aktivitäten noch durch eine „Global Church Leadership Lecture“ mit renommierten Speakern aus der ganzen Welt.

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